Mittwoch, 04. Februar 2015
Ein gehäkelter Tellerrock
Wenn man wie ich eine nicht ganz zeitgemäßen Kleidungsstil bevorzugt, ist es oft schwer die Kleidung zu finden, die man gerne tragen möchte.
Manche Dinge bekommt man dann in guten Onlineshops, für andere greift man zu alten Schnittmustern und Strick- und Häkelanleitungen. Einiges ist jedoch so schwer zu bekommen, dass man selbst ran muss.
Nach langer, erfolgloser Suche nach einer Häkelanleitung für einen ausgestellten Rock im Stil der 50er Jahre, habe ich mich dann also daran versucht selbst eine Anleitung zu entwerfen. Da ich noch nicht sehr lange häkel, war es ein längerer Prozeß mit einigen Rückschlägen. Aber was soll ich sagen: ich habe dabei immerhin 2 Wege gefunden, wie man keinen Rock häkelt ;-)
Am Ende wurde es dann doch ein Rock! Und ich finde, er ist sogar ganz ansehnlich geworden.
Und auch wenn das hier mit einer genauen Anleitung nur wenig zu tun hat, dachte ich, dass es nicht schadet sie zu veröffentlichen. Schließlich kann man ja manchmal doch aus den Fehlern anderer lernen.
Die Zahlen sind etwas beschönigt und rechnerisch angepasst. Ich habe die Anleitung im Nachhinein geschrieben und musste einiges nachzählen oder nachrechnen. Bei meinem Rock musste ich zum Beispiel das Bündchen nach oben verlängern und schmaler werden, da mir der Rock zuerst viel zu groß war. In der jetzt niedergeschriebenen Form, sollte so etwas von Anfang an verhindert werden...
Falls etwas nicht so auskommt, bitte ich um Verzeihung! Wie gesagt: ich bin noch ein Neuling auf dem Gebiet.
Vielleicht sollte ich es eher "Bericht, wie ich es gemacht habe" nennen als "Anleitung"!
Material
Wolle "Gründl Perfino 50g 105m" ca. 1,5 kg schwarz
Wolle für den Abschluss (weniger als ein kleines Knäuel)
2 hübsche Knöpfe
2 Druckknöpfe
Werkzeug
Häkelnadel Nr. 4
Kleine Schere
Wollnadel zum Vernähen
Maschenmarker (ich verwende gummierte Büroklammern)
Anleitung
für Größe 36/38 (Taillenumfang 75cm) -> sitzt bei mir leider etwas locker, ist wohl eher 38 als 36
Maschenprobe feste Maschen: 21 FM/28R
Anschlag Luftmaschen Taillenumfang + 9cm
Das waren bei mir: 125 LM
Den oberen Teil (Gürtel inkl. Verschluss)habe ich in festen Maschne (FM) hin und zurück gehäkelt.
(1) Anschlag der Luftmaschen (125)
(2) zurück in jede Luftmasche (LM) eine FM - letzte verdoppeln (126)
(3) zurück je FM in FM (126)
(4) *12 mal FM in FM, 13. M verdoppeln* bis Reihenende - letzte verdoppeln(136)
(5) zurück in jede FM eine FM
(6) jede 14. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (146)
(7) zurück in jede FM eine FM
(8) jede 15. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (156)
(9) zurück in jede FM eine FM
(10) jede 16. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (166)
(11) zurück in jede FM eine FM
(12) jede 17. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (176)
(13) zurück in jede FM eine FM
(14) jede 18. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (186)
(15) zurück in jede FM eine FM
(16) jede 19. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (196)
(17) zurück in jede FM eine FM
(18) jede 20. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (206)
(19) zurück in jede FM eine FM
(20) jede 21. M verdoppeln - letzte M verdoppeln (216)
...
Man kann den Gürtel so breit machen wie man möchte und ihn der Körperform anpassen. Wichtig ist aber, dass die Hüfte nachher durchpasst und in etwa die gleiche Breite für den Verschluss übersteht wie an der Taille.
Bei mir waren es insgesamt 20 Reihen.
Es entsteht ein ca. 6,5 cm breiter Streifen, der auf der einen Seite schräg ist.
Nun beginnt der eigentliche Rock. Er wird in Spiralen aus halben Stäbchen (hStb) gehäkelt.
(1) Beginnend an der geraden Seite des Bands werden in jede Masche ein hStb gehäkelt bis die Hüftbreite erreicht ist (bei mir nach 190 Maschen).
Zu Beginn häkel ich absichtlich keine Steigemasche, damit die Spirale leichter steigt. Ist die Hüftbreite erreicht, werden die Enden zusammengelegt und es wird wieder in die erste Masche des Gürtels (gerade Seite) eingestochen, damit sich der Kreis schließt.
(2) jede M ein hStb
(3) Ab der verbindeten Masche werden 9 mal je ein hStb in ein hStb gehäkelt. Die 10. Masche wird verdoppelt. Zwischen die beiden Maschen wird ein Marker gesetzt. Danach wird wiederholt: 9hStb, eins verdoppeln; bis zum Rundenende. (209)
(4+5) je ein hStb pro Masche
(6ff) In der nächsten Runde wird jede 11 Masche verdoppelt (228), dann zwei Runden ohne Zunahme, danach jede 12. M verdoppeln, zwei Runden ohne Zunahme, jede 13. M ...
Hat der Rock die richtige Länge, kann mit dem Muster begonnen werden. Bei mir ist das mit einer Länge von knapp 36cm (Mitte des Oberschenkels) geschafft. Wenn ich mich nicht verzählt habe, habe ich 14 mal 19 Maschen zugenommen und jeweils 2 Reihen dazwischen und zum Schluss ohne Zunahme gehäkelt. Der Rock hat hier einen Umfang von ca. 225 cm und hat 456 Maschen. Natürlich kann man aber auch einfach so weiter häkeln bis der Rock ausreichend lang ist. Ein Tellerrock sollte klassisch immer etwa Knielänge haben. Man sollte aber bedenken, dass der Rock aus einem kräftigen Material wie hier ganz schön schwer wird und man entsprechend mehr Material verbraucht! Man kann natürlich auch jedes andere Muster verwenden. Ein Lochmuster wie meins, hält aber den Materialverbrauch in Grenzen und macht den Rock damit leichter. Außerdem ist es einfach und man kommt schnell voran.
Erreicht man das Ende der letzten Reihe vor dem Muster, wird in die vorletze Masche eine FM gehäkelt und in die letzte Masche eine Kettmasche. So schließt die Spirale fast unsichtbar zu einer Runde. Als Basis für das Muster habe ich noch eine Runde FM gehäkelt (dabei kann man Maschenzahl im Zweifelsfall so angepassen, dass sie durch 4 teilbar ist). Die Reihe wird mit einer Kettmasche in die erste Masche geschlossen.
Muster
Idealerweise sollte für dieses Muster die Maschenzahl der letzten Runde vor dem Muster durch 12 teilbar sein. Wenn sie das nicht ist muss man ein bisschen schummeln.
Man beginnt damit an die Kettmasche (also unter dem überlappenden Ende, die Abschlussmasche der letzten Rund) 5 LM anzuschlagen. Dann werden 3 Maschen der Runde (hStb) übersprungen und die LM-Kette wird dann in der 4. Masche (hStb) mit einer Kettmaschen befestigt.
Das wiederholt sich bis zum Ende der Runde: 5LM, 3hStb überspringen, KM in das 4. hStb...
Am Ende der Runde hat man eine Reihe Bogen. Um nun auf die Mitte des ersten Bogen der neuen Runde zu kommen, nimmt man... 3 LM (?? MIST! Das hätte ich mal aufschreiben sollen!) und verbindet sie mit einer KM mit der Mitte des Bogens. Von da an werden auf jeden Fall wieder 5 LM gemacht und mit dem nächsten Bogenhöhepunkt verbunden (KM). In den nächsten Bogen (der dritte) werden 7 Stäbchen gehäkelt. Das siebte Stäbchen wird wieder mit einer KM an der Mitte des folgenden Bogen gefestigt. Es ergibt sich ein Fächermotiv. Danach folgen wieder 5 LM mit Kettmasche in den nächsten Bogen, dann der nächste Fächer...
In der nächsten Reihe kommen wieder nur Bögen aus 5 LM. Setzt man die Luftmaschenbögen auf einen Fächer, wird der erste mit dem 2. Stäbchen und der zweite mit dem 5. Stäbchen der gleichen Gruppe verkettet.
Ob man nun in der nächsten Reihe die Fächer übereinander setzt oder versetzt wie ich, spielt natürlich keine Rolle. Bei mir passte das ganze vorne und hinten nicht! Und so gibt es einen Streifen im Rock, wo anstelle eines Bogens zwischen 2 Fächern über die gesamte Länge zwei Bögen sind... Aber sowas sieht man ja zum Glück nicht!
Wie gesagt: ich hab es beim Häkeln entwickelt und erst viel später aufgeschrieben! Daher ist also nicht wirklich eine Anleitung, sondern mehr eine Ansammlung von Anhaltspunkten wie ich den Rock gemacht habe!
Abschluss
Als ich einen schönen Streifen Muster fertig hatte und die Gesamtlänge des Rocks fast erreicht war (von oben gemessen waren es bei mir 53cm), habe ich das Muster wieder zu einer gerade Linie aufgefüllt:
5LM, ein hStb in das 3. Stb der Gruppe, eine FM in das 4. Stb, wieder ein hStb in das 5. Stäbchen. Mit 5 LM zum Mitte des Bogens und mit einer FM verbinden. Dann startet es wieder mit 5LM bis zur Stäbchengruppe, ein hStb in das 3. Stb der Gruppe, eine FM in das 4. Stb, wieder ein hStb in das 5. Stäbchen...
Danach habe ich mit hStb Spiralen gehäkelt bis der Rock die endgültige Länge erreicht hatte. Das sind bei mir ca. 58 cm.
Zum Schluss habe ich mit Krebsmaschen oben und unten einen Abschluss in weiß gesetzt und die Kanten komplett umhäkelt. Am Verschluss habe ich mit LM zwei Schlaufen angebracht, die über meine Knöpfe passen.
Da das Gewicht des Rocks aber zu schwer für die beiden Schlaufen ist, muss am inneren Ende des Verschlusses Unterstützung her. Mit zwei Druckknöpfen zwischen den beiden Schichten kann man die Dehnung des Verschlusses verhindern.
Alles in allem war es eine langwierige Prozedur und hat mich viele Stunden gekostet. Aber immerhin habe ich nun einen Rock, den man so nirgends kaufen kann! Beim nächsten Mal versuche ich mich an einem Bleistiftrock. Das sollte schneller gehen und deutlich weniger Material verbrauchen... ;-)
Ich hoffe, dass die alten Häkelhasen unter Euch keine Schweißausbrüche beim Lesen bekommen haben. Und auch wenn es wirklich eine Beschreibung ist, die eher zum Probieren als zum wirklichen Nacharbeiten einlädt, hoffe ich doch, dass sie denen, die sich an so einem Kleidungstück versuchen wollen, einen Teil der Fehlversuche, die ich machen musste, erspart!
In diesem Sinne...
Lebe lecker - und erfinderisch!
Eure Lorraine
2 Kommentare zu diesem Post — schreibe jetzt Deinen!
Käthe am
Ein wunderschöner Rock !
Ganz toll !
Liebe Grüße
Käthe
Lorraine am
Danke Käthe! Freut mich, dass er Dir gefällt :-)
Lebe lecker,
Lorraine